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Im Interview zum Kinderschutzkonzept: Kicken ohne Grenzen

Kinderschutz darf kein „Pflichtdokument“ sein, sondern sollte gelebte Kultur werden. Dafür ist es entscheidend, das Konzept gemeinsam mit dem Team zu entwickeln und regelmäßig zu reflektieren. Unser Rat: Klein anfangen, aber kontinuierlich dranbleiben!

Kinderliga: Die erste Version der Kinderschutzrichtlinie von Kicken ohne Grenzen wurde 2022 fertig gestellt. Wie kam es zu dem Vorhaben ein Kinderschutzkonzept erarbeiten zu wollen? 

Kicken ohne Grenzen: Der Impuls kam aus einem klaren Selbstverständnis: Wir arbeiten tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen, viele davon in prekären Lebenssituationen, und sehen es als unsere zentrale Verantwortung, sie bestmöglich zu schützen. Unser Ansatz „Sport für sozialen Wandel“ setzt auf Beziehung, Vertrauen und sichere Räume. Ohne gelebten Kinderschutz bleibt dieser Anspruch unvollständig. Gleichzeitig hat uns auch der Austausch mit anderen Organisationen sowie rechtliche Entwicklungen darin bestärkt, Kinderschutz systematisch über das Bauchgefühl hinaus zu verankern.

Kinderliga: Wir vergleichen den Entstehungsprozess eines Kinderschutzkonzeptes oft mit einem Puzzle: Bis der letzte Stein richtig sitzt, hat man vieles ausprobiert. Welche Herausforderungen gab es im Zuge des Ausarbeitungsprozesses?

Kicken ohne Grenzen: Eine der größten Herausforderungen war es, ein Konzept zu entwickeln, das praxisnah, verständlich und gleichzeitig verbindlich für ein diverses Team aus pädagogischen Fachkräften, Trainerinnen, Ehrenamtlichen und Praktikantinnen ist. Auch das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Kinderschutz nicht nur im Verdachtsfall relevant ist, sondern im Alltag beginnt. Etwa in Sprache, Nähe-Distanz-Gestaltung oder Rollenbildern. Das war ein wichtiger, aber anspruchsvoller Teil des Prozesses.

Ein aktuelles Puzzleteil ist die Frage, wie wir Kinderschutz auch über Social Media sichtbar machen und dadurch zur Sensibilisierung beitragen können, sowohl bei Teilnehmenden, als auch gegenüber der Öffentlichkeit.

Kinderliga: Seit der Erstveröffentlichung wurde die Kinderschutzrichtlinie drei Mal evaluiert bzw. neu aufgelegt. Wir als Kinderliga beschreiben das als vorbildlich ???? Was entstand aus diesem Prozess? Gibt es Bereiche die speziell überarbeitet wurden? Wenn ja, welche/warum?

Kicken ohne Grenzen: 

Ja, durch die regelmäßige Evaluation konnten wir wichtige Anpassungen vornehmen. Überarbeitet wurden insbesondere:

  • Meldewege: Diese wurden klarer formuliert und visuell aufbereitet, um sie für alle Beteiligten niederschwelliger und transparenter zu machen.
  • Rollen und Verantwortlichkeiten: Die Aufgaben unseres internen Kinderschutzteams wurden geschärft.
  • Verbindlichkeit: Es wurde festgelegt, dass der Kinderschutz und die Unterzeichnung der Verhaltensregeln für alle verpflichtend sind, auch für Personen, die nur punktuell oder einmalig im Einsatz sind, wie etwa Ehrenamtliche.
  • Inhaltliche Erweiterung: Die zu berücksichtigenden Faktoren im Kinderschutz wurden ausgeweitet, unter anderem durch die Einbeziehung verschiedener Formen von Diskriminierung sowie durch eine Aktualisierung der Gewaltdefinitionen gemäß dem aktuellen Stand der Wissenschaft.
  • Weiterbildungsstruktur: Wir haben Schulungen für neue Mitarbeitende eingeführt und regelmäßig aktualisierte Workshops etabliert, um aktuelle Themen (z. B. Erste Hilfe für die Seele) zu integrieren.

Die Rückmeldungen aus dem Team und reale Praxisfälle waren zentral für diese Weiterentwicklungen.

Kinderliga: Welche Möglichkeiten bietet die Kinderschutzrichtlinie für den Verein und die Mitarbeitenden? Wird die Kinderschutzrichtlinie als Unterstützung im Berufsalltag wahrgenommen?

Kicken ohne Grenzen: Absolut. Die Kinderschutzrichtlinie sowie die Verhaltensrichtlinien schaffen Sicherheit und Orientierung nicht nur für den Fall der Fälle, sondern als Haltung im Umgang mit Nähe, Grenzen und Vertrauen. Für viele Mitarbeitende ist es entlastend, dass es einen klaren Rahmen gibt, der den Umgang mit sensiblen Situationen regelt. Gleichzeitig fördert sie ein offenes, reflektiertes Teamklima, in dem Austausch zu herausfordernden Situationen nicht als Schwäche, sondern als Professionalität gesehen wird.

Kinderliga: Die direkte Zusammenarbeit mit Kindern- und Jugendlichen ist der Alltag für euch. Welche Rolle spielt Partizipation in Bezug auf Kinderschutz bzw. das Kinderschutzkonzept?

Kicken ohne Grenzen:

Partizipation ist für uns ein zentraler Bestandteil von gelebtem Kinderschutz. Kinder und Jugendliche sollen erleben, dass ihre Stimmen gehört, ernst genommen und in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Nur so kann ein vertrauensvolles Umfeld entstehen.

Konkret haben wir verschiedene Feedbackmöglichkeiten und niedrigschwellige Meldewege für die Teilnehmenden geschaffen, auf die wir regelmäßig aufmerksam machen. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine unserer Youth Leader. Sie ist selbst aktive Spielerin ist und Teil des Kinderschutzteams.

Im Rahmen der jährlich stattfindenden Youth Leader Academy, bei der neue Spieler:innen zu Youth Leadern ausgebildet werden, gestaltet sie einen Workshop zum Thema Kinderschutz, von Jugendlichen für Jugendliche. Ziel ist es, Wissen zu vermitteln, Bewusstsein zu schaffen und ein gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, was Kinderschutz konkret bedeutet.

Denn nur wenn junge Menschen wissen, was nicht kinderschutzkonform ist, können sie es erkennen und im Bedarfsfall auch benennen und melden.

Kinderliga: Was möchte Kicken ohne Grenzen anderen Organisationen für die Erstellung ihrer Kinderschutzrichtlinie mit auf den Weg geben?

Kicken ohne Grenzen: Kinderschutz darf kein „Pflichtdokument“ sein, sondern sollte gelebte Kultur werden. Dafür ist es entscheidend, das Konzept gemeinsam mit dem Team zu entwickeln und regelmäßig zu reflektieren. Unser Rat: Klein anfangen, aber kontinuierlich dranbleiben. Kinderschutz ist ein Prozess, kein fertiges Produkt. Es braucht Mut, auch unangenehme Themen anzusprechen, aber genau das schafft Vertrauen, nach innen wie außen. Und: Holt euch Unterstützung von Expert:innen, wenn Unsicherheiten bestehen. Niemand muss (und kann) das alleine machen.

 

Website Kicken ohne Grenzen
Link zum Kinderschutzkonzept

Foto: © Kicken ohne Grenzen

 

Zum Weiterlesen: Interview zum Kinderschutzkonzept mit ÖBMInterview zum Kinderschutzkonzept: Grow Together

 

 

Dieses Interview ist Teil eines durch das Bundeskanzleramt (Kinderschutz und Gewaltprävention) geförderten Projekts.

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