Gesundes Aufwachsen für alle Kinder

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08.11.2022

Presseaussendung: Kinderliga mahnt: Kindermedizinische Versorgung muss gewährleistet sein

Gesundheitspolitische Divergenzen dürfen nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen werden

Wien, 8.11.22 - Anlässlich der aktuellen Kündigung des Abteilungsvorstands der Kinder- und Jugendheilkunde an der Klinik Floridsdorf fordert die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit (Kinderliga) rasche Maßnahmen, die die kindermedizinische Versorgung nicht nur an dem Standort, sondern in ganz Österreich langfristig sichern. „Mit großer Sorge sehen wir die dramatische Entwicklung in der kindermedizinischen Versorgung in Österreich, die sich bereits seit Jahren abzeichnet und vor der die Kinderliga bereits mehrfach gewarnt hat. Das System ist total am Kippen. Leidtragende sind die Kinder und Jugendlichen“, sagt Dr.in Caroline Culen, Geschäftsführerin der Österreichischen Kinderliga.

Kindermedizinischer Versorgungsmangel im Spitals- und im niedergelassenen Kassenbereich

Sowohl im Spitalsbereich als auch im niedergelassenen Kassenbereich besteht dringender Handlungsbedarf. Auch im Kinder- und Jugendbereich gibt es in Österreich eine rasche Entwicklung hin zu mehr Wahlärzt:innen und Privatärzt:innen. Berechnungen auf Grundlage des Richtwertes für die pädiatrische Versorgung des Österreichischen Strukturplans für Gesundheit 2017 zeigen eine akute Unterversorgung durch kassenfinanzierte Kinderärzt:innen. In allen Bundesländern, außer in Vorarlberg, kommen auf 1000 Kinder 0,09 Kassenärzt:innen. Das bedeutet, dass eine Kassenordination mehr als 10.000 Kinder betreuen müsste. Vertraglich geregelte Arbeitszeiten mit Mindestöffnungszeiten, dafür aber geringe finanzielle Abgeltung durch die Sozialversicherungen, viele Patient:innen und wenig Ressourcen für Behandlung machen die Arbeit als Kassenarzt oder Kassenärztin zunehmend unattraktiv.

In Wien haben etwa noch 42% der Kinderärzt:innen einen Kassenvertrag, von diesen sind 71% über 50 Jahre alt und 26% über 60 Jahre alt. Das bedeutet, dass allein in Wien in den nächsten fünf Jahren die Versorgung durch Kassenärzt:innen nicht mehr möglich sein wird. Für Mehrkindfamilien, Alleinerzieher:innen und vor allem für Familien in der Mindestsicherung und Familien mit Fluchtgeschichte sind eine Privatversicherung und ein Wahlarztbesuch nicht finanzierbar. Auch Kinder mit einer Vorerkrankung sind von einer Privatversicherung meist ausgeschlossen. „Das Recht auf bestmögliche medizinische Versorgung im Sinne der Chancengleichheit muss für alle Kinder und Jugendliche in ganz Österreich garantiert sein, unabhängig von ihrem sozio-ökonomischen Status“, sagt Dr. Christoph Hackspiel, Präsident der Österreichischen Kinderliga.

Gesundheitspolitische Divergenzen nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen austragen!

Um das zu erreichen, braucht es dringend konkrete gesundheitspolitische Maßnahmen, die dem Gefühl der Hilflosigkeit, der Frustration und der zunehmenden Erschöpfung des Personals in der Pädiatrie entgegenwirken, um Menschen, die in der Kinder- und Jugendgesundheit tätig sind, in ihrem Berufsfeld zu halten. Es gehen sonst dem Gesundheitssystem auch dringend notwendige Ausbildner:innen für Jungmediziner:innen verloren. „Nach vielen Jahren der Diskussion müssen Politik, Sozialversicherung und Ärztekammer an einem Strang ziehen, um zu raschen Lösungen für eine stabile, flächendeckende, kostenfreie kindermedizinische Versorgung zu finden. Die gesundheitspolitischen Divergenzen dürfen nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen werden,“ appelliert Culen.

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